mardi 19 juin 2007

Tag 1 - Pinocchio

Tag 1


Hier also mein Blog! Meine Berichte! Meine Erfahrungen! Meine Ängste! Meine Erlebnisse!

Los geht’s!


Vor ca 12 Jahren bin ich das letzte Mal geritten. Den kurzen Touristen-Ausritt in der Camargue nicht mitgerechnet. Jetzt soll – nein: will ich also 6 Wochen täglich reiten. Pferde beobachten, streicheln, riechen, spüren. Meine größte Angst: ein Muskelkater, der mich mit größten Schmerzen zur Strecke bringt. Schnell gefolgt von „mein Gott, Pferde sind doch so hoch“ über „wie komm ich rauf“ zum noch wichtigeren Punkt: „Wie komm ich runter?“ Von so weit oben sich in die Tiefe stürzen...
Ponies war ich geritten, und es gab auch eine Zeit, da war runterfallen vom Pony kein Ding. Abrollen, aufstehen, aufsteigen, fertig. Aber mit 31? Ohne Sport, mit Unterrückenproblemen zum Heulen, mit Muskeln zum Lachen...

Aber die Sehnsucht ist größer.


Ich beginne mit Pinocchio. Nach seinem Freilauf bringe ich ihn zum Putzstand, und ich beginne zu putzen. Ich habe mal gelesen, dass die linke Pferdeseite mit der linken, die rechte mit der rechten Hand gestriegelt werden soll. Früher hab ich das nie gemacht: der linke Arm hat immer so schnell schlapp gemacht. Heute werden eh beide Arme schnell schlapp machen, also geb ich mir Mühe, die jeweilige Seite mit dem richtigen Arm / der richtigen Hand zu striegeln. Ich habe das Gefühl, „runder“, „fließender“ zu putzen. Pinocchio ist unruhig, die Fliegen stören ihn zusehends; er schlägt oft mit dem Vorderbein auf, schnappt nach ihnen.... Aber auch, wenn die Fliegen gerade weg sind, ist er sehr unruhig und stampft viel mit den Vorderhufen auf; ich merke auch, dass er meine Hand „wegzittern“ will, wenn ich an seinen Widerrist und in den Schulterbereich komme. Ich weiß noch nicht, ob er da Verspannungen hat, oder mich einfach noch nicht kennt und deshalb so reagiert... oder ob es einen ganz anderen Grund gibt.

Nach dem Putzen wird Pinocchio von mir an Halfter und Strick geführt.
Zunächst gucke ich oft zur Hinterhand und den Hufen; ich will sehen, ob die Hinterhufe über den Abdruck der Vorderhufe kommen. Das bremst das Pferd aus und verunsichert es, lerne ich von Frau Sander. Man sollte hingucken, wo man hin will.
Mein nächstes Problem: Pinocchio lässt sich eher von mir ziehen als dass er vorwärts geht... Ich soll ihn lieber mit der Gerte antreiben, wird mir geraten, und zwar durch einfaches Gerte auf und ab bewegen. Sie ist sozusagen mein verlängerter Arm, der bis zur Hinterhand reicht.

Frau Sander übernimmt das Führen und ich gehe hinter Pinocchio. Was die Hinterhufe machen? Ich bemerke, dass der rechte Hinterhuf ziemlich genau rechts neben dem Abdruck des rechten Vorderhufes landet. Links ein ähnliches Bild, aber nicht ganz so ausgeprägt: der linke Hinterhuf „überholt“ den linken Vorderhuf, aber auch seitlich nach links versetzt. Ich lerne, dass das behoben werden sollte. Das Pferd soll unter seinen Schwerpunkt treten.
So übernehmen wir die Macht, starten den „Motor“ des Pferdes. Stichwort auch "wie auf Schienen, wie an Stangen"...
Pinocchio wird merklich lustloser,gelangweilter, während ich bei mir eher das Gegenteil verspüre: ich genieße es mit jeder Runde mehr, mit großen, schnellen Schritten meine Runden zu ziehen. Um Pinocchio zu „wecken“, soll ich mit ihm anhalten und wieder weitergehen. Zunächst hält er nicht mit mir, tappelt noch ein paar Schritte, dreht sich.... Dann spielen wir uns aufeinander ein. Leider verpasse ich den richtigen Moment aufzuhören, er wird wieder lustloser.

Anschließend trense ich ihn. Hier hilft die jahrelange Erfahrung mit „unwilligen“ Reitschulpferden: er versucht, das Gebiss zu verweigern, reißt den Kopf hoch, aber ich schaffe es!! Dann der große Moment: das Aufsteigen!

Wir steigen vom Tisch auf, uff! Nein, kein Scherz: durch einen speziellen Sattel ist das notwendig, da der Sattel einem entgegen kommt, wenn man vom Boden aus in einen Steigbügel steigt. Ich reite ohne Sattel, auch da bin ich sehr froh über den Umweg über den Tisch! Ich stehe auf dem Tisch, und ein kleiner Panikmoment schleicht sich ein: was, wenn ich auf der anderen Seite gleich wieder „absteige“? Was, wenn das Pferd losgeht, ich zu weit hinten lande und los geht die wilde Buckelei? Aber für meine Zickereien ist der Wunsch zu groß, wieder reiten zu dürfen. Tief Luft holen, rauf – und alles bleibt gut!

Frau Sander führt mich zunächst, ich habe Zeit, mich die ersten Runden wieder an das Schaukeln des Pferdes und seine Bewegungen zu gewöhnen. Und nach ganz kurzem Nachfühlen stelle ich fest: „Home again!“ Ich genieße die ruhigen Schritte von Pinocchio, die Bewegungen der Knochen und Muskeln unter mir. Auch alleine, ohne Führung – die Angst ist wie weggeblasen.

Bevor ich aufgesessen bin, hatte mir Frau Sander erklärt, wie ich mit "Doppelzügeln" reite. Ich habe einen dicken Zügel, der auf den Hals einwirkt, wenn ich meine Schulter zu einer Seite drehe. Auf den dünneren Zügel kann ich einwirken, indem ich mit meinem Ringfinger arbeite. Wenn ich diesen "einhole", also ihn an meinen Handballen führe, dann wirke ich auf den dünnen Zügel, der wirkt auf den Unterkiefer des Pferdes, dieser auf das Genick und das wieder auf den gesamten Rücken. Ich bin überrascht, wie sehr das alles zusammenhängt - früher saß ich möglichst gerade auf dem Pony, zog am linken Zügel, wenn ich nach links wollte, am rechten, wenn ich nach rechts wollte. Zum Anhalten, klar, an beiden; und noch ein bisschen doller, wenn das Pony dennoch weiter lief. Jetzt merke ich zum ersten Mal, das wirklich kleinste Hilfen ausreichen. Ich schäme mich für meinen früheren Reitstil, noch mehr aber beschäftigt mich, dass das der übliche Weg und Stil in meinem Reitstall war,und in sicher (nicht nur da) noch ist. Immerhin bin ich ein Turnier und mehrere Fuchsjagden mitgegangen...


Aber ich will nicht in der Vergangenheit weilen und über die Schlechtigkeit der Welt jammern, ich will hier daran arbeiten, es besser für die Pferde (und mich) machen zu können!

Auf die Aufgabe mit den 2 Zügeln brauche ich mich noch nicht zu konzentrieren: die Pferde standen ja 2 Wochen auf der Weide, ihre Muskulatur muss erst wieder aktiviert / aufgebaut werden. Das hat zum einen zur Folge, dass wir unsere Pferde nur 5 min reiten, und auch nur im Schritt. Zum anderen darf Pinocchio den Hals noch ganz lang machen, den Kopf unten halten, und das geht nur am ganz langen Zügel.

Die "5 min nur Schritt" haben verschiedene Vorteile. Das Pferd und der Reiter können sich langsam wieder eingewöhnen und aufbauen. Die Zeit für mich als "Neu-Anfänger" ist aber auch so kurz, dass ich keinen Muskelkater habe, wie ich an Tag 2 feststelle! Und, ganz wichtig: im Schritt den richtigen Sitz gelernt hat man diesen auch in den anderen Gangarten drauf. Ich frage mich, wie man sowas den Reitschulen und ihren neuen Schülern schmackhaft machen könnte... da geht es ja meist darum, so schnell wie möglich im wahrsten Sinne des Wortes "so schnell wie möglich" zu reiten! Schritt ist das notwendige Übel, das zwischen den vielen Galopprunden kommt....

Ich übe, wie ich durch meine Schulter das Pferd lenken kann. Dabei besteht die Gefahr, sich nicht im richtigen Bereich der Wirbelsäule zu drehen, was eine komplette Verdrehung der Wirbelsäule oder auch eine Schiefstellung des Reiters (z.B. auch seiner Schulter) mit sich bringt.

Dann das Absteigen - jetzt ist mir noch mal mulmig. Auf dem Pferd kein Gedanke, wie hoch das ist, aber jetzt.... in die Luft schwingen und unten ankommen - zum Glück, nicht gestolpert, nicht weggeknickt. Aber das Aufkommen auf der Erde ist schon ein wenig unangenehm... zumal ich auf dem harten Boden des Putzbereiches abgestiegen bin. Es stellt sich raus, ich hätte auch wieder den Tisch bemühen können, aber ich denke, das klappt auch ohne!

Ein wichtiger Satz ist mir noch im Kopf, den Frau Sander gesagt hat:
"... Nicht "das Pferd hat gemacht" sondern "ich habe nicht gemacht, dass das Pferd ...""
Für mich ein sehr wichtiger Satz. Wie oft ist das Pony stur, der Hund eigenwillig, oder sowieso sind alle blöd und eh Hopfen und Malz verloren... Der neue Ansatz: was kann ICH ändern? Was kann ICH machen / bewirken? Wo habe ICH mich unklar ausgedrückt?
Auch ein wichtiger Ansatz für meine Ausbildung zur Tierpsychologin... Und im Zusammensein mit Menschen funktioniert ja es auch ebenso...
Und ein weiteres Zitat von Frau Sander, das ich mir merken will: "Pferd und Reiter imitieren sich gegenseitig."

Ich bedanke mich bei Pinocchio, dass ich auf ihm reiten durfte und dass er mit mir zusammen gearbeitet hat. Er hätte wahrscheinlich lieber ein Stück Apfel als ein paar "warme Worte", aber ich denke, es ist dennoch angekommen bei ihm!

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